Gewitterstimmung in Rheinfelden

 
Mein Vater war der älteste von insgesamt fünf Kinder, die aus der Ehe von Fritz und Elisabeth Pümpin-Mollet hervorgegingen. Von ihm wurde erwartet, dass er zu gegebener Zeit das Familiengeschäft, die Weinhandlung Pümpin, übernehmen würde. Doch schon früh machte sich die Leidenschaft des jungen Fritz für die malerische Kunst und die Archäologie bemerkbar. 

Als er mit 19 Jahren in die väterliche Weinhandlung eintrat, war das Geschäft ganz offensichtlich nicht seine erste Priorität. Viele Jahre später, erinnerte sich mein Vater wie folgt an diese Zeit: «Nun wurde ich Sonntagsmaler und blieb das eigentlich mehr als ein Jahrzehnt lang. Nicht, dass ich nur an Sonntagen malen ging. Nein, auch etwa werktags.. und das eigentlich mehr, als ich es tun sollte; hätte mich doch das väterliche Geschäft, in dem ich tätig war, mehr in Anspruch nehmen müssen. Aber diese verfluchte Malerleidenschaft, dazu noch eine weitere fatale Passion, die Freude an unserem heimatlichen Bodenaltertümern, beide trieben mich nur zu oft vom übernommenen Mussberuf weg.» 

Im Jahr 1930 verstarb mein Grossvater unerwartet. Danach eskalierte die Situation sehr rasch. Mein Vater und sein 18-jähriger Bruder Walter wurden gezwungen, das väterliche Geschäft zu übernehmen. Die tobende Weltwirtschaftskrise, die ungenügenden kaufmännischen Kompetenzen meines Vaters und seine fehlende Motivation konnten nur ein Ergebnis herbeiführen: der Niedergang der Weinhandlung. Innerlich war mein Vater zerrissen: einerseits wurde von ihm erwartet, dass er die Weinhandlung rettete, anderseits war seine Leidenschaft fürs Malen stärker den je. 

Während diesen dunklen Jahren lernte mein Vater Rösli Gerster, die Tochter des Wirts zur Roseneck und meine zukünftige Mutter, kennen. So entstand im Jahr 1932 das Bild «Gewitterstimmung in Rheinfelden». Das Bild zeigt die innere Unruhe und Zerrissenheit meines Vaters. Wie ein Tornado, dreht sich der Wind um einen tiefroten und ruhigen Punkt, der Rosengarten vor dem Park Hotel in Rheinfelden. Denn es war Rösli, die ihm half, den Weg aus dieser Krise zu finden und ihm dem Mut gab, sich vollständig auf seine Kunstmalerei zu konzentrieren.

Volkmar Pümpin
Suchen